Perinatale und frühkindliche Mundgesundheit
Kontext
Perinatale Mundgesundheit bezieht sich auf die Mundgesundheit während der Schwangerschaft und der frühen Kindheit. Schwangere Frauen mit unbehandelten oralen Gesundheitsproblemen haben u. U. ein erhöhtes Risiko für Frühgeburten, Babys mit zu geringem Geburtsgewicht und andere negative Gesundheitsergebnisse. Während der Schwangerschaft können hormonelle Veränderungen dazu führen, dass werdende Mütter eher zu vermeidbaren oralen Gesundheitsproblemen wie Zahnfleischentzündungen und Zahnerkrankungen neigen. Säuglinge können Mundbakterien aus der mütterlichen Mundhöhle aufnehmen, die zu einer frühkindlichen Karies (ECC) beitragen können. ECC ist eine der häufigsten chronischen Erkrankungen im Kindesalter und kann sich negativ auf das körperliche, emotionale und soziale Wohlbefinden der Kinder auswirken. Andere Erkrankungen, die durch Viren oder Pilze ausgelöst werden, können ebenfalls von Betreuungspersonen auf das Kind übertragen werden und zu Weichteilentzündungen führen. Eine schlechte mütterliche Mundgesundheit, Mangelernährung und die Belastung durch Umweltfaktoren sowie die Einnahme bestimmter Arzneimittel während der Schwangerschaft können zu Entwicklungsverzögerungen und Störungen bei der Bildung von Zahnschmelz und Dentin führen, was eine Prädisposition für ECC darstellen kann.
Geltungsbereich
Die vorliegende Stellungnahme will einen Rahmen für die umfassende und zugängliche zahnmedizinische Versorgung werdender Mütter und ihrer Kinder bieten, um die Mundgesundheit von Müttern und Kindern zu verbessern und Ungleichheiten beim Zugang zur Gesundheitsversorgung zu verringern.
Grundsätze
Die perinatale zahnmedizinische Versorgung sollte ein fester Bestandteil aller politischer Maßnahmen sein, die die Gesundheit und das Wohlbefinden der Mutter und des Kindes fördern. Die zahnmedizinische Versorgung sollte so früh wie möglich beginnen und alle Frauen im gebärfähigen Alter einschließen, um potenzielle Risikofaktoren durch Aufklärung, Prävention und frühe Eingriffe bei Mutter und Kind ausschließen zu können.
Stellungnahme
Die zahnmedizinische Betreuung werdender Mütter und ihrer Säuglinge sollte:
- umfassend erfolgen und sich nicht nur mit der Mundgesundheit der werdenden Mütter und ihrer Kinder befassen, sondern auch mit ihrer allgemeinen Gesundheit und ihrem Wohlbefinden;
- evidenzbasiert erfolgen und sich auf Leitlinien und Empfehlungen stützen, die von Berufsverbänden entwickelt wurden und auf den verfügbaren besten wissenschaftlichen Erkenntnissen beruhen;
- personenzentriert und auf die individuellen Bedürfnisse werdender Mütter und ihrer Kinder zugeschnitten sein und ihre besonderen Umstände und Präferenzen berücksichtigen;
- kollaborativ und integriert sein und Zahnärzte, Geburtshelfer, Kinderärzte und gegebenenfalls andere Gesundheits- und Sozialpflegeanbieter mit einbeziehen;
- zugänglich und bezahlbar für alle werdenden Mütter und ihre Kinder ungeachtet ihres sozioökonomischen Status sein und nach den Grundsätzen der allgemeinen Gesundheitsabsicherung (UHC) erfolgen;
- konsistent sein und kulturelle und sprachliche Besonderheiten berücksichtigen und schwangere Frauen und ihre Säuglinge besonders aus vulnerablen Bevölkerungsgruppen ansprechen.
Aus diesem Grund befürwortet die FDI:
- Aufklärung von Müttern, Familien und Betreuungspersonen, wie Mundgesundheit gefördert werden und orale Erkrankungen verhindert werden können, indem eine vorausschauende Beratung und motivierende Gesprächsführung sowie andere evidenzbasierte Strategien zum Einsatz kommen. Die zu vermittelnde Botschaft sollte die Bedeutung der zahnmedizinischen Betreuung der werdenden Mutter und der frühzeitigen zahnmedizinischen Betreuung von Kindern in den Mittelpunkt stellen, ebenfalls gesunde Stillpraktiken mit besonderem Verweis auf die Bedeutung des Stillens und der Begrenzung des Zuckerkonsums, die Fluoridversorgung durch die Verwendung fluoridhaltiger Zahnpasta und/oder fluoridierten Trinkwassers sowie regelmäßige Besuche beim Zahnarzt bereits nach dem Durchbruch des ersten Zahns oder im Alter von 1 Jahr;
- Aufnahme des Fachs perinatale und frühkindliche Mundgesundheit in die Studiengänge für Zahnmediziner und andere Gesundheitsberufe sowie in die berufliche Weiterbildung;
- Forschungsarbeiten mit folgenden Schwerpunkten:
- Benennung der Risikofaktoren für Mundgesundheitsprobleme schwangerer Frauen und kleiner Kinder einschließlich sozialer Determinanten der Gesundheit;
- Prüfung der Effektivität, Kosteneffizienz und Nachhaltigkeit unterschiedlicher Interventionen zur Verbesserung der perinatalen und frühkindlichen Mundgesundheit;
- Untersuchung der hinderlichen und förderlichen Faktoren beim Zugang zur zahnmedizinischen Betreuung schwangerer Frauen und ihrer Kinder;
- Regierungen sollten:
- finanzielle Mittel für die Programme und Dienste zur Verfügung stellen, die die perinatale und frühkindliche Mundgesundheit fördern einschließlich Förderung, Prävention und Zugang;
- Strategien und Verordnungen entwickeln, die die perinatale und frühkindliche Mundgesundheit fördern, z. B. obligatorische zahnmedizinische Untersuchungen werdender Mütter und ihrer Kinder;
- Übernahme der Kosten zahnmedizinischer Behandlungen durch private und gesetzliche Versicherungen;
- Nationale Zahnärzteverbände (NDA) sollten:
- Leitlinien und Standards für die perinatale und frühkindliche Mundgesundheit entwickeln und fördern;
- Bildungs- und Weiterbildungsangebote für Zahnärzte und andere Gesundheitsdienstleister im Bereich der perinatalen und frühkindlichen Mundgesundheit bereitstellen;
- sich für eine neue gesundheitspolitische Ausrichtung auf lokaler und nationaler Ebene einsetzen;
- die Öffentlichkeit über die Bedeutung der perinatalen und frühkindlichen Mundgesundheit aufklären;
- mit anderen Gesundheitsdienstleistern zusammenarbeiten, um werdenden Müttern und ihren Kleinkindern eine multidisziplinäre umfassende Gesundheitsversorgung zukommen zu lassen.
Schlüsselwörter
Frühkindliche Karies, allgemeine Gesundheitsabsicherung, medizinische Grundversorgung, perinatale Betreuung.
Disclaimer
Die Informationen in dieser Stellungnahme basieren jeweils auf dem aktuellen wissenschaftlichen Kenntnisstand. Sie können so ausgelegt werden, dass sie existierende kulturelle Sensibilitäten und sozio-ökonomische Zwänge widerspiegeln.
Literaturhinweise
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