Psychische Gesundheit und Wohlergehen für die Zahnärzteschaft und Studierende der Zahnmedizin
Kontext
Zahlreiche internationale und nationale Studien haben gezeigt, dass Zahnärzte zu den Gesundheitsdienstleistern gehören, die in ihrer täglichen Arbeit einem besonders hohen Risiko ausgesetzt sind, ein Burnout-Syndrom oder psychische Gesundheitsprobleme zu entwickeln.1 Die Covid-19-Pandemie hat diesen besorgniserregenden Trend weiter verstärkt.² Falls diese Erkrankung, die mit Erschöpfungszuständen unterschiedlicher Ausprägung einhergeht, nicht behandelt oder von den Betroffenen nicht erkannt wird, kann sie zu chronischen Depressionen oder sogar zu einer Suizidgefährdung führen.1
Ungeachtet einer eventuellen genetischen Prädisposition des Einzelnen können verschiedene Stressfaktoren im zahnärztlichen Beruf zu einem Burnout-Syndrom des behandelnden Zahnarztes und seines Teams führen. Studien der letzten Jahre konnten zudem belegen, dass Stress und hier besonders psychosozialer Stress, Depressionen, Burnout-Syndrom, Angst und Selbstentfremdung bereits im Studium der Zahnmedizin ein Problem sind.1 Psychosozialer Stress gefährdet die Gesundheit sowohl der Studierenden der Zahnmedizin als auch der Zahnärzte und ihrer Teams.
Geltungsbereich
Diese Stellungnahme richtet sich an die zuständigen nationalen Behörden, Universitäten, die nationalen Zahnärztekammern, die nationalen Verbände für Studierende der Zahnmedizin und an die Zahnärzteschaft und ihre Teams, um die Dentalgemeinschaft über das Thema psychische Gesundheit aufzuklären.
Definitionen
Psychische Gesundheit: Ein Zustand mentalen Wohlbefindens, der Menschen in die Lage versetzt, mit den Widrigkeiten des Lebens umzugehen, ihre Fähigkeiten zu erkennen, gut zu lernen und zu arbeiten und einen Beitrag zum Leben ihrer Gemeinschaft zu leisten. Die psychische Gesundheit ist ein integraler Bestandteil der Gesundheit und des Wohlergehens, die individuelle und kollektive Fähigkeiten untermauern und die Fähigkeit ermöglichen, Entscheidungen zu treffen, Beziehungen aufzubauen und die Welt zu gestalten, in der wir leben.3
Determinanten der psychischen Gesundheit: Im Laufe des Lebens kann eine Kombination aus vielfältigen individuellen, sozialen und strukturellen Determinanten dazu beitragen, die psychische Gesundheit eines Menschen zu schützen oder anzugreifen. Individuelle psychologische und biologische Faktoren wie emotionale Fähigkeiten, Konsum von Drogen4 und genetische Dispositionen können einen Menschen anfälliger für psychische Gesundheitsprobleme machen. Belastungen durch ungünstige soziale, wirtschaftliche, geopolitische und umweltbezogene Umstände können ebenfalls das Risiko erhöhen, eine psychische Krankheit zu entwickeln.3
Burnout: Als Burnout bezeichnet man ein Syndrom, das als Folge von chronischer, nicht erfolgreich bewältigter Belastung am Arbeitsplatz verstanden wird. Es ist durch drei Dimensionen gekennzeichnet:
- Gefühle der Energielosigkeit und/oder Erschöpfung;
- Zunehmende innere Distanz zur eigenen beruflichen Tätigkeit oder negative Gefühle oder zynische Einstellung gegenüber Lebensaktivitäten; und
- Verlust der persönlichen und beruflichen Effizienz.
Der Begriff Burnout bezieht sich speziell auf diese Phänomene im beruflichen Kontext.5
Grundsätze
Die psychische Gesundheit ist ein wichtiger Aspekt des allgemeinen Wohlbefindens der Zahnärzteschaft und der Studierenden der Zahnmedizin. Die Angehörigen zahnärztlicher Berufe sind ebenfalls ethisch und gesetzlich dazu verpflichtet, praxistauglich zu sein; dazu gehört auch die psychische Gesundheit.
Der Schutz der psychischen Gesundheit der Zahnärzteschaft und der Studierenden der Zahnmedizin im Rahmen eines Modells der Prävention am Arbeitsplatz sollte für alle Beteiligten Priorität haben. Angebote zur Stärkung der mentalen Gesundheit und des allgemeinen Wohlbefindens sollten für alle Beteiligten zugänglich und bezahlbar sein.
Stellungnahme
Die FDI unterstreicht die Bedeutung einer guten psychischen Gesundheit für die Zahnärzteschaft und die Studierenden der Zahnmedizin. Nur so werden die Angehörigen zahnärztlicher Berufe in der Lage sein, ihre Gemeinschaft zu versorgen und eine gute zahnmedizinische Behandlung für ihre Patienten zu gewährleisten. Das Stigma einer psychischen Erkrankung muss beendet werden und sollte ein normales Diskussionsthema im Arbeitsplatzkontext sein.
Die FDI will nationale Zahnärztekammern in Zusammenarbeit mit anderen relevanten Interessengruppen dazu motivieren:
- konstante Aufklärungsarbeit zu leisten und immer wieder auf die Bedeutung der psychischen Gesundheit der Zahnärzteschaft und der Studierenden der Zahnmedizin hinzuweisen;
- Ressourcen für die Unterstützung der Betroffenen bereitzustellen und für Angehörige zahnärztlicher Berufe und Studierende der Zahnmedizin problemlos zugänglich zu machen, die mit psychischen Problemen zu tun haben (virtuelle Beratung, telefonische Notfallkontakte, Unterstützungsangebote, Gemeinschaftsforen);
- proaktive Handlungsansätze zu verfolgen, um mit dem zahnmedizinischen Team über unterschiedliche Plattformen (online, soziale Medien, Printmedien) zu einer Diskussion über psychische Gesundheit zu kommen;
- ständige Weiterbildungsmöglichkeiten, Seminare, Dentalkongresse und Webinare für alle Mitglieder des Dentalteams zum Thema psychische Gesundheit anzubieten, damit sie ihre eigene mentale Gesundheit erhalten können und wissen, wie sie Kollegen in Not helfen können.
Die FDI empfiehlt zahnmedizinischen Fakultäten und Instituten folgende Maßnahmen:
- Unterstützungsangebote für Studierende einrichten (z. B. Online-Beratung, telefonische Notfallkontakte), die Probleme mit ihrer psychischen Gesundheit haben, wobei ein problemloser und anonymer Zugang zu diesen Angeboten wichtig ist;
- Studierende mit den erforderlichen Kenntnissen und Kompetenzen ausstatten, damit sie ihre psychische Gesundheit während ihres Studiums und später an ihrem zukünftigen Arbeitsplatz schützen können.
Die FDI empfiehlt Forschungsinstituten, weitere Forschung zum Burnout-Syndrom und zur psychischen Gesundheit der Zahnärzteschaft durchzuführen.
Schlüsselwörter
Burnout-Syndrom, Dentalteam, Zahnärzteschaft, Allgemeingesundheit, Gesundheitsförderung, mentale Gesundheit, nationale Gesundheitspolitik, behandelnder Zahnarzt, Prävention, Resilienz.
Disclaimer
Die Informationen in dieser Stellungnahme basieren jeweils auf dem aktuellen wissenschaftlichen Kenntnisstand. Sie können so ausgelegt werden, dass sie existierende kulturelle Sensibilitäten und sozio-ökonomische Zwänge widerspiegeln.
Literaturhinweise
1. Plessas A et al. (2021). Mental Health and Wellbeing in Dentistry: A Rapid Evidence Assessment. Study commissioned by the General Dental Council. Available from https://www.gdc-uk.org/docs/default-source/research/mental-health-and-wellbeing-in-dentistry27973e06-eb0f-4ee2-b92f-7fee3d2baf5b.pdf?sfvrsn=511f2ef9_5 [Accessed 31 January 2023]
2. Plessas, A et al. (2022). Using the Mental Health Framework in Dental Practice. Nature BDJ Team 9 (10-12): https://doi.org/10.1038/s41407-022-1678-0
3. World Health Organization (2022). Mental Health: Strengthening Our Response. Available from https://www.who.int/news-room/fact-sheets/detail/mental-health-strengthening-our-response [Accessed 31 January 2023]
4. American Psychiatric Association (2022). Diagnostic and statistical manual of mental disorders (5th ed., text rev.). Available from https://doi.org/10.1176/appi.books.9780890425787 [Accessed 21 September 2023]
5. World Health Organization (2019). Burn-out an “occupational phenomenon”: International Classification of Diseases. Available from https://www.who.int/news/item/28-05-2019-burn-out-an-occupational-phenomenon-international-classification-of-diseases [Accessed 31 January 2023]